Viele Frauen entwickeln in den Wechseljahren heftige Beschwerden – obwohl sie gesund leben. Warum ist das so? Dieser Frage widmet sich die Ärztin für Innere Medizin und Nephrologie Dr. Helene Orfanos-Boeckel in ihrem Buch Nährstoff- & Hormontherapie: Der Präventions-Leitfaden (Trias Verlag).
Ein Leben im Wandel der Hormone
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Ihr ganzes Leben lang sind Frauen mit ihren Hormonen beschäftigt: Zuerst in der Pubertät, dann in der fruchtbaren Phase mit Menstruation und eventuellem Kinderwunsch und schließlich in der Lebensmitte, wenn der Wechsel anklopft. Und selbst wenn sie alles richtig machen, sich an die goldenen Regeln der Big Five halten, also
- nicht rauchen
- keinen oder nur sehr wenig Alkohol trinken
- Sport machen
- schlank bleiben
- auf die Ernährung achten,
entwickeln trotzdem viele Frauen heftige Wechselbeschwerden. Warum ist das so?
Gesund alt werden erfordert gezielte Vorsorge
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Hormone haben großen Einfluss auf unser Wohlbefinden, und egal wo wir leben, ob wir reich oder arm sind, alle Frauen kommen früher oder später dahin, so Orfanos-Boeckel. Frauen wurde lange erklärt, dass sie sich nur entspannen und gut ernähren und ein bisschen bewegen müssen, um gesund alt zu werden. Für Männer mag das stimmen, aber der weibliche Hormonhaushalt ist komplex. Wir müssen präventiv arbeiten um Knochen, Gefäße, unser Gehirn, Herz und Nieren zu schützen. Wenn Frauen also gesunde 80 und mehr werden wollen, muss man laut Expertin früh ansetzen und es braucht mehr als nette Tipps.
Das Blut – Spiegel der Gesundheit
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Gesundheit ist für Dr. Orpfanos-Boeckel kein Zustand, der sich erst im Krankheitsfall definiert, sondern ein Prozess, der sich lange im Verborgenen vollzieht. Bereits Jahrzehnte vor dem Auftreten klassischer Erkrankungen lässt sich erkennen, ob der Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht gerät.
Im Zentrum ihrer Arbeit steht das Blut: Hier bündeln sich sämtliche Stoffwechselprozesse. Im Blut lässt sich ablesen, ob im Verlauf der ganz normalen Alterung ein Erkrankungsrisiko für bestimmte chronische Stoffwechselerkrankungen besteht, und zwar bereits Jahrzehnte, bevor man daran wirklich spürbar erkrankt.
Aufnahme, Produktion und Ausscheidung von Substanzen laufen im Blut zusammen und machen sichtbar, was im Körper geschieht. Abweichungen sind für sie niemals zufällig, sondern Ausdruck einer individuellen biochemischen Empfindlichkeit. Jeder Mensch reagiere anders auf Alterung, Umwelt und Lebensstil, und genau diese Unterschiede spiegelten sich in den Laborwerten.
Krankwerte, Schlüsselwerte, Gesundmachwerte
Dr. Orfanos-Boeckel unterscheidet dabei zwischen Krankwerten, Schlüsselwerten und Gesundmachwerten.
- Krankwerte wie Blutzucker, Entzündungsmarker oder klassische Organwerte steigen mit zunehmendem Alter und weisen auf sich anbahnende Erkrankungen hin.
- Schlüsselwerte wie Blutdruck oder bestimmte Hormone müssen sich in einem engen optimalen Bereich bewegen, da sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig problematisch ist.
- Gesundmachwerte wie bestimmte Vitamine oder Hormone hingegen dürfen aus ihrer Sicht durchaus hoch sein.
Die Verwirrung entsteht dadurch, dass man gelernt hat, sich nur an die Referenzwerte der Labore zu halten. Das reicht aus, um Gefahr auszuschließen, aber nicht, um Gesundheit zu lesen, sagt sie.
Eingreifen bevor Schäden entstehen
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Kritisch sieht sie die klassische Medizin, die häufig erst eingreift, wenn strukturelle Schäden bereits entstanden sind. Ich möchte weg von dieser Reparaturmedizin hin zu einer präventiv schützenden Behandlung, betont sie. Zu spät zu behandeln bedeute, wertvolle Zeit zu verlieren, in der Risiken längst sichtbar gewesen wären. Sie plädiert daher für eine umfassende Bestandsaufnahme des gesamten Stoffwechsels anstelle einer rein symptombezogenen Diagnostik.
Einen besonderen Schwerpunkt legt Dr. Orfanos-Boeckel auf Knochen und Gefäße, da sie als Basis vieler chronischer Erkrankungen gelten. Gerade bei Frauen in den Wechseljahren führt der Hormonverlust zu einem beschleunigten Abbau der Knochendichte. Dieser Prozess steht in enger Verbindung mit der Gefäßgesundheit. Wenn der Knochen sich entkalkt, verkalken sich die Gefäße, erklärt sie und verweist auf spezielle Blutwerte, die diesen Zusammenhang früh sichtbar machen.
Laborwerte lesen lernen
Aus den erhobenen Laborwerten leitet sie konkrete therapeutische Schritte ab. Eine individuell abgestimmte Nährstoff- und Hormontherapie soll helfen, Schlüsselwerte zu stabilisieren und Krankwerte zu senken. Entscheidend ist dabei die regelmäßige Kontrolle. Man muss messen, wer bin ich, wo habe ich Schwachstellen und wie kann ich gezielt eingreifen. Dann kann man auch beweisen, ob das, was man tut, wirkt, so Dr. Orfanos-Boeckel.
Für Leserinnen und Leser bietet ihr Ansatz vor allem Orientierung. Wer seine Blutwerte kennt und sie differenziert betrachtet, kann Risiken frühzeitig erkennen und gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten gezielt handeln. Dabei gehe es nicht nur um die Frage, ob ein Wert noch in der Norm liege, sondern um die Entwicklung im Zeitverlauf und die individuelle Tendenz.
Fazit
Ein gesunder Lebensstil bleibt wichtig, reicht nach Einschätzung von Dr. Orfanos-Boeckel jedoch oft nicht aus. Umweltbelastungen, hormonelle Veränderungen und der natürliche Alterungsprozess lassen sich nicht allein durch Ernährung und Bewegung kompensieren. Wir altern – ob wir gesund leben oder nicht. Die Frage ist nur wie, bringt sie es auf den Punkt.
Mit ihrem Buch will Dr. Orfanos-Boeckel ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Gesundheit messbar und gestaltbar ist. Wissen, regelmäßige Kontrolle und gezieltes Handeln bilden für sie die Grundlage, um Alterung nicht passiv hinzunehmen, sondern aktiv zu begleiten.
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