Sandra Teml-Jetter: Lernen, die Wellen des Wechsels zu surfen.
Als Paar-, Eltern- und Einzelcoachin kennt die 53-Jährige alle Höhen und Tiefen der Beziehungswelt. Die Beziehung zu sich selbst kann sie nun im Wechsel vertiefen.
Mein Wechsel gestaltet sich wellenartig. Immer wieder gibt es Phasen, in denen ich die Hormonumstellung spüre. Dann weiß ich, dass mein Körper in einer weiteren Umstellung ist und ich lasse meinen Körper arbeiten. Foto: Katarina Lindbichler Fotografie
Über Beziehungen zu lernen und Menschen dabei zu begleiten, ihre Beziehungen zu gestalten – liebevoll, mutig und manchmal auch provokant, das ist meine Leidenschaft. Auch privat ist mein Leben von Facetten der Zwischenmenschlichkeit geprägt: Als Partnerin in einer lustigen Patchwork-Konstellation, als Mutter von drei schon recht erwachsenen Kindern, als zweifache Katzenmama im Kleingarten. In meinen eigenen und nahen Beziehungen bin ich glücklich.
Trennung nach 21 Jahren
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Das war nicht immer so. Deswegen heißt es ja auch Wechsel – und nicht: Bleibgleich. Meine körperlichen Beschwerden und Signale begannen kurz nach meinem 49. Geburtstag: Meine Gebärmutter wollte nicht mehr aufhören zu bluten, meine Gebärmutter weinte förmlich. Ich lebte zu dieser Zeit eine Beziehung, in der ich mich selbst vergessen hatte und meine Pleasing-Versuche, also die Versuche, um zu gefallen, gingen ins Leere. So leer, so blutleer, so selbstverlassen fühlte ich mich zu jener Zeit.
Mein Selbstwert war im Keller – und gleichzeitig hatte ich mit Hilfe von Medikamenten begonnen, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen, mutig zu sein, mich meinen größten Ängsten zu stellen und für mich einzustehen. Meine laufende Weiterbildung stärkte mir ebenfalls den Rücken – und so beendete ich nach 21 Jahren meine Beziehung zu meinem damaligen Mann.
Wertvoll, stark, kräftig
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Drei Monate nach Aussprechen der Trennung war ich eine geschiedene, freie Frau. Der Weg dorthin war immens aufwühlend und für mich mit unerwarteten Hindernissen gepflastert. Das Leben forderte Wahrhaftigkeit und Klarheit von mir. Ich holte mir wieder therapeutischen Beistand und drei Engel in Form von Freunden. Es folgte eine Kürettage – die Blutungen blieben – und daraufhin eine Thermoablation bei der das Gewebe der Gebärmutter verödet wird.
Ab diesem Zeitpunkt bleib meine Monatsblutung aus, und ich begann mit Hilfe von wöchentlichen Eiseninfusionen und mit hingebungsvoller Begleitung einer TCM-Ärztin wieder zu Kräften zu kommen. Ich begann, mich wieder zu mögen, mich wertvoll, stark, kraftvoll zu fühlen. Was für ein Wechsel! Ich blühte auf, wurde sichtbar – und von einem wunderbaren Mann eingeladen, mit ihm das Leben zu verbringen.
Die Wellen des Wechsels surfen
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Mein Wechsel gestaltet sich wellenartig. Immer wieder gibt es längere Phasen, in denen ich die Hormonumstellung spüre: ich rieche anders, Hitze strömt durch mich durch und manchmal fühle ich mich düster. Dann weiß ich, dass mein Körper in einer weiteren Umstellung ist, und ich übe mich in Hingabe und Loslassen. Ich lasse meinen Körper arbeiten. Das ist etwas, was mich meine langjährigen Erfahrung mit der Arbeit nach der Grinberg-Methode gelehrt hat: Meinem Körper zu vertrauen, dass er das tut, was er tut und mich dem hinzugeben; die Wellen zu surfen und zu atmen.
Als ich mich einmal sehr verloren fühlte in diesen Wellen, mit starken Kopfschmerzen alleine war, kam in mir die Sehnsucht auf, mich auszutauschen und gleichzeitig die Erkenntnis, dass das Thema Wechsel in meiner Familie nie ein Thema war. Keine der Frauen in meinem Aufwachsen klärten mich darüber auf, teilten ihre Erfahrungen. In meinem Kopf war da nur: Im Wechsel wirst du dick.
Lustigerweise war es ausgerechnet ein Mann – mein Sohn, ein Grinberg-Praktiker, – der dann meinen Kopf in seine Hände nahm, und mich zu meinem emotionalen Schmerz hinführte. Den Schmerz, in meiner Not allein zu sein, konnte ich in diesem Moment zulassen und loslassen. Ich spreche nun sehr offen über meine Zustände, frage meine Bekannten direkt, wie es ihnen gerade geht, teile mich mit und mache wohltuende Erfahrungen mit Frauen.
Aufblühende Spezies
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Je älter ich werde, umso mehr mag ich mich. Die LGBTQ+ Bewegung und ihre positive Einstellung zu Sexualität und Körperlichkeit hilft mir enorm, meinen Körper zu mögen – anstatt ihn mit den Körpern von anderen zu vergleichen und zu leiden. Ich erfreue mich an mir. Und ich bin dankbar, dass wir Frauen in diesem Altern nicht zum alten Eisen gehören, sondern zu einer aufblühenden Spezies, die täglich schöner und authentischer wird.
Ich habe mir vorgenommen, in Würde zu altern. Ich habe mir vorgenommen, gut auf mich zu achten und auf mich aufzupassen. Ich habe mir vorgenommen, meinen eigenen Werten treu zu bleiben und immer wieder Beziehungsinventur zu machen. Das schulde ich mir, meinem Partner und der nächsten Generation. Das ist für mich der Wechsel. Mein ganz und sehr persönlicher Weg zu mir selbst.
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