Sabine Buiten: "Im Wechsel lernte ich klare Grenzen zu ziehen"

Mein Leben lang war ich im Dauereinsatz. Funktionierend, leistungsorientiert, immer „on“. Nach außen wirkte ich souverän, aber innerlich war ich oft erschöpft. „Everybody's Darling“ – das beschreibt mich für die Zeit am besten. Durch meine Harmoniebedürftigkeit war ich immer um Ausgleich bemüht – egal ob privat oder beruflich, oft über meine Grenzen. Mit dem Thema Wechseljahre hatte ich mich nie ernsthaft beschäftigt. Klar, ich wusste: Irgendwann kommt das halt. Ich erinnerte mich nur dunkel daran, wie schlecht es meiner Mutter in dieser Phase ging – aber damals wurde das totgeschwiegen. Wechseljahre? Tabu, wie so vieles. 

Intensive Umstellung: Ein Mix aus fast allen Symptomen 

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Die ersten Symptome stellten sich früh und schleichend etwa ab meinem 40. Geburtstag ein: Erst Hitzewallungen und extremes Schwitzen – gerne in Situationen, wo ich ohnehin schon gestresst war. Dann diese Schlaflosigkeit! Nächte, in denen ich wach lag, grübelte, erschöpft war – aber nicht zur Ruhe kam. Und dann die nächsten Überraschungen: Ich nahm zu, obwohl ich an meinem Lebensstil nichts verändert hatte. Rücken- und Gelenkschmerzen machten sich bemerkbar, meine Blase spielte plötzlich verrückt, und auch meine Haut fühlte sich anders an – trockener und immer wieder eigenartige Ausschläge. Nach einem Ärztemarathon keine Diagnose, mit dem Wechsel hat es niemand in Verbindung gebracht (und ich schon gar nicht): Ich war ja „zu jung“ für die Wechseljahre. 

Ehe, Libido, Job, Selbstbild: Ich fühlte mich oft wie ein Alien 

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Doch psychisch hat mich der Wechsel noch mehr gefordert: Eine innere Rastlosigkeit, die mich richtig durchschüttelte, ritt mich täglich. Ich begann, mein ganzes Leben infrage zu stellen – meine Ehe, meinen Job, mein Selbstbild. Wer war ich eigentlich? Was wollte ich noch vom Leben? Phasen tiefer Traurigkeit, Zweifel und Antriebslosigkeit wechselten sich mit Momenten der Klarheit ab. Auch meine Libido ging auf Tauchstation. Mein Wohlbefinden? Eine Achterbahnfahrt. Ich erkannte mich selbst nicht mehr. Unsere Beziehung litt, jeder ging zunehmend seinen eigenen Weg. Ich war so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass auch noch eine ordentliche Ehekrise dazukam. Zum Glück wollten wir beide nicht aufgeben. Wir entschieden uns für eine Paartherapie – und konnten vieles klären. Das hat unsere Ehe mit Sicherheit gerettet. Im Job merkte ich: Ich war dünnhäutiger. Gereizter. Und das fiel auf. Reaktionen? Eher irritiert als empathisch. Und im Privaten? Ähnlich. Ich fühlte mich oft wie ein Alien. 

Aha-Erlebnisse: Warum der Austausch unter Frauen so wichtig ist 

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Als ich mit Anfang 40 die ersten Wechsel-Symptome bekam, war ich im Freundeskreis die Erste – und fühlte mich allein auf weiter Flur. Erst später als andere Frauen "nachrückten", begann der Austausch. Und was für eine Erleichterung das war! Aber ich hätte mir so gewünscht, dass wir früher offener darüber gesprochen hätten. Ich habe selbst unglaublich viel recherchiert und viele Bücher gelesen. Mein Wunsch: Ich wollte einfach verstehen was da in mir vorging. Was mir noch geholfen hat: Soulsisters. Das ist ein Zentrum für Frauen in der Lebensmitte in Wien. Dort traf ich auf Gleichgesinnte, bekam Erklärungen, Austausch und eine ganze Menge Aha-Erlebnisse. Ich war nicht verrückt – ich war im Umbruch. Und es war klar, es musste sich etwas verändern, und das auch noch schnell. 

Hitzewallungen kamen, wenn meine Grenzen überschritten wurden 

Gesagt – getan: Ich reduzierte meine Stunden im Angestelltenverhältnis, schloss meine Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin ab, die davor eher vor sich hingedümpelte, und machte mich selbstständig und begleite heute als „Komplizin“ Frauen in Veränderungs- und Trennungsphasen. Mir fiel auf: Meine Hitzewallungen kamen sehr oft, wenn meine Grenzen überschritten wurden. Daher habe ich aufgehört „Everybody's Darling" zu sein und begonnen, für mich sehr klare Grenzen zu setzen. Nicht trotzig, sondern liebevoll mir selbst gegenüber, denn ich erkannte: Wenn ich mich übergehe, reagiert mein Körper. Und ich hörte endlich hin: Pilates, Bewegung in der Natur, bewusste Ernährung halfen mir körperlich. Seelisch waren Gespräche, Reflexion und der Mut, unperfekt zu sein, entscheidend. 

Der Wechsel ist ein Geschenk und ich eine Selbstermächtigungskomplizin 

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Heute bin ich nicht ganz symptomfrei – aber bewusster, klarer und stabiler. Denn ich weiß, was mir guttut. Und ich traue mich, für mich einzustehen. Ich lebe heute selbstbestimmter als je zuvor – privat wie beruflich. Mein Fazit: Mein Wechsel war mehr als ein körperlicher Umbruch – er war der Startschuss für ein neues Leben. Ich möchte anderen Frauen Mut machen, auf die Zeichen ihres Körpers zu hören, sich selbst ernst zu nehmen und Veränderungen aktiv zu gestalten. Wir Frauen müssen uns nicht schämen. Nicht für Hitzewallungen, nicht für Stimmungsschwankungen, nicht für das Älterwerden. Der Wechsel ist kein Makel – er ist ein Geschenk. Eine Einladung, uns neu zu entdecken. Wenn wir offen darüber sprechen, brechen wir Tabus. Und geben anderen Frauen die Erlaubnis, das auch zu tun. Es macht mich nach wie vor unglaublich wütend, wenn Frauen in der Lebensmitte als „alt“, „unvermittelbar“ oder „unsexy“ abgestempelt werden. Als wäre unser Wert an Jugend oder Fruchtbarkeit geknüpft. Und es nervt mich gewaltig, wenn Männer blöde Sprüche über die Wechseljahre reißen, ohne auch nur ansatzweise zu verstehen, wie herausfordernd diese Zeit für Frauen sein kann. Ich genieße jetzt meine „neue“ Freiheit. Meine Klarheit. Meine neue Gelassenheit, nicht mehr jedem gefallen zu müssen. Ich muss mich nicht mehr beweisen – ich darf einfach sein. Und das fühlt sich verdammt gut an. 

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