Sabine Fuchs: "Die Wechseljahre sind ein sehr feministisches Thema!"
Die "Fuck the Falten"-Bloggerin erblindete mitten in den Wechseljahren. Ihre Erkrankung gab ihr neue Kraft: Mit fast 60 entdeckt sie neue Chancen, ihr Leben zu genießen.

Kennt ihr unseren Blog Fuck the Falten? Zusammen mit meiner alten Freundin Uli Heppel habe ich ihn 2017 gegründet. Von Anfang an wussten wir, dass für uns das Thema Pro Aging im Vordergrund stehen muss, denn wir sehen das Altwerden auch unter feministischen Aspekten. Mit Uli habe ich auch schon bereits zwei Bücher geschrieben, Fuck the Falten, erschienen 2017 bei GU, und Ist dir auch so heiß?, erschienen 2023 bei ArsEdition. Und gerade haben wir unseren alljährlichen Abreißkalender in einer richtigen Buchhandelsauflage drucken lassen.
Privat? Meine beiden erwachsenen Töchter leben in im schönen Wien, ich mit meinem Mann und unserer Hündin Nori in einem Vorort von München. Was mich außerdem bewegt: Ich war und bin ein Sportjunkie. Wenn ich nicht gerade Gassi gehe, bin ich in den Bergen wandern, Mountainbiken oder Schifahren. Ansonsten laufe ich – zu meinem 50. Geburtstag habe ich mir selbst einen Marathon geschenkt –, habe das Krafttraining für mich entdeckt und dieses Jahr mit dem Rennrad fahren angefangen. Zur Entspannung mache ich Yoga, koche gerne und lese zum Thema Sport, Feminismus und Gesundheit.
Mitten in den Wechseljahren auf einem Auge erblindet
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Meine Frauenärztin meinte, als ich mich mit Ende 40 bei ihr über die Wechseljahre erkundigen wollte, dass ich da noch eine Weile hinhabe. Über die Perimenopause hat man 2013 noch nicht wirklich gesprochen. Tatsächlich dachte ich immer, die Wechseljahre sportel ich einfach weg. Doch das Leben hat mir einen großen Strich durch die Rechnung gemacht: 2017 bin ich plötzlich und ohne Vorwarnung auf einem Auge erblindet (die Ursache ist bis heute ungeklärt), und dann war ich mittendrin. Psychisch durch meine Erkrankung echt erst einmal ein Häufchen Elend.
Da das Ausbleiben meiner Regel fast zeitgleich mit meiner Erkrankung zusammenhing, kann ich natürlich nicht sagen, welche Symptome jetzt meine Erkrankung bedingt hat und welche die Hormone. Die Schlafstörungen allerdings gingen bei mir schon mit Ende 40 los und wurden dann 2017 wirklich extrem. Glücklicherweise war meine Frauenärztin aufgeschlossen, was die Hormonersatz-Therapie anbelangt. Mit der Einnahme von bioidentischen Hormonen hat sich mein Schlaf bald wieder gebessert.
Erweckungserlebnis: Ich habe nur dieses eine Leben!
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Nach der Erkrankung litt ich fast ein Jahr an schlimmen Angstzuständen und zog mich sehr zurück. Aber nach einem Jahr der Trauer und des Selbstmitleids hatte ich beim Friseur vor dem Spiegel ein Erweckungserlebnis. Ab da war mir klar, dass ich nur dieses eine Leben habe, und dass ich lernen muss, mit meiner Erkrankung umzugehen. Seitdem geht es mir wieder richtig gut. Kommunikation ist förderlich fürs Wohlbefinden: Ich habe immer offen über die Wechseljahre gesprochen, wahrscheinlich auch durch den Blog bedingt, und habe – ob bei Mann oder Frau – keine blöden Erfahrungen gemacht.
Interessanter war für mich die Reaktion meiner Umwelt, als ich, ebenfalls 2017, aufgehört habe, meine Haare zu färben. Da hatte ich das Gefühl, dass viele wenig damit anfangen konnten. Und mir ist ungefragt oft die Meinung dazu gesagt worden. Wechseljahre und graue Haare, das ist dann doch für manche zu viel des Guten. Aber das berührt mich wenig: Mein Life Changing Moment war meine Erkrankung. Ich bin einfach so dankbar, dass ich noch da bin und dieses wunderbare Leben noch habe.
Vom Meno-Bäuchlein bis zur Scheidentrockenheit
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Und heute? Durch die Wechseljahre und auch durch meine Erkrankung bin ich kompromissloser geworden. Ich schaue genau hin: Was will ich? Mit wem will ich meine Zeit verbringen? Die Schlafstörungen begleiten mich mal mehr, mal weniger – ich habe einen Weg gefunden, damit zu leben (ich höre in der Nacht Podcasts mit einem Sleeptimer und schlafe dann wieder ein). Leider konnte ich die Wechseljahre nicht wie angenommen wirklich wegsporteln, ich glaube allerdings, dass die regelmäßige Aktivität (3- bis 4-mal die Woche) mir dabei hilft, mental gesund zu bleiben. Ernährungstechnisch esse ich jetzt nur weniger Zucker als früher, denn mein Körper reagiert inzwischen mit Bauchschmerzen auf übermäßigen Zuckerkonsum. Ansonsten gehöre ich zu den beneidenswerten Frauen, die nicht so leicht an Gewicht zulegen.
Allerdings habe ich tatsächlich auch ein kleines Meno-Bäuchlein bekommen. Da hilft bei auch das Krafttraining nur wenig. Manchmal überlege ich, ob ich mir zu meinem, 60. Geburtstag ein Sixpack schenken soll. Aber ich glaube, das ist mir die Mühe nicht wert. Ich habe mit meiner Personal Trainerin darüber gesprochen. Sie meinte, 70 Prozent bei diesem Vorhaben mache die Ernährung aus – nein, dazu esse ich zu gerne. Zum Thema Libido: Meine Frauenärztin hat mir sehr geholfen, indem sie mir ein Östrogen-Gel für die Vagina verschrieben hat. Scheidentrockenheit ist wirklich die Pest. Da ich in einer festen Beziehung mit meinem Mann lebe und das Thema Sex somit nur uns beide angeht, ist das aber Privatsache.
Die Unsichtbarkeit kommt mit der Unfruchtbarkeit
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Für mich sind generell das Altwerden, aber vor allem die Wechseljahre feministische Themen. Wir Babyboomerinnen und Frauen aus der Generation X sind ja noch so aufgewachsen, dass alles, was mit weiblicher Sexualität zu tun hat, sehr tabu-behaftet ist. Ob Periode, Wochenbett oder Wechseljahre, diese Themen wurden von unseren Müttern größtenteils nur hinter vorgehaltener Hand besprochen – Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Da wir in einem patriarchal geprägten System leben, ist es schlüssig, dass Frauen ab dem Zeitpunkt, wo die Fruchtbarkeit vorbei ist, von vielen (nicht nur Männern) nicht mehr wahrgenommen werden. Deswegen finde ich es super, dass sich auf Instagram mittlerweile viele Frauen 50 plus präsentieren und wir uns gegenseitig bestärken, sichtbar zu bleiben. Auch alte Körper zu zeigen ist ein Ausdruck von Body Positivity. Leider ist Altersdiskriminierung ja nach wie vor ein Thema, vor allem bei der Jobsuche.
Mein Motto lautet jetzt: Du bist nie zu alt!
Für die nächste Generation von Frauen wünsche ich mir, dass wir genug Vorarbeit leisten, so dass sie keine Angst mehr vor dem Alter haben müssen. Wir sind bekanntlich immer für irgendetwas zu alt, mit dreißig spätestens sollten wir verheiratet sein, mit Mitte dreißig dann Mutter und mit fünfzig ist es in vielen Bereichen leider immer noch zu spät, um noch einmal durchzustarten. Ich halte dagegen: Solange mir Biologie und Gesundheit nicht die Grenzen aufzeigen, habe ich nun, mit fast 60, beschlossen, für nichts mehr zu alt zu sein. Wenn ich also nächstes Jahr surfen lernen will, dann werde ich das tun, und wenn ich mit 80 noch beim Oktoberfest auf der Bank tanze – wie meine kürzlich verstorbene Schwiegermutter – dann ist alles gut. Solange ich gesund bin, werde ich nach dem Credo leben: The best is yet to come!
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