Somatic Movement: Sanfte Bewegung für ruhige Nerven im Wechsel

"Somatische Übungen" trenden auf Social Media. Die Technik soll den Stresslevel senken, Blockaden lockern und den Körper ins Gleichgewicht bringen. Was steckt dahinter?

Julia Hartig: "Viele Frauen leiden unter Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen oder anderen Beschwerden, die die Lebensqualität einschränken. Somatic Movement kann da helfen und ausgleichen." Foto: iStock/AlenaPaulus

Hartnäckige Blockaden, die mit Übungen auf der Yogamatte einfach aufgelöst werden – Somatic Workouts sind das Trendthema im Netz. Die Methode basiert auf Somatic Experiencing, einem vom amerikanischen Biophysiker und Psychologen Dr. Peter A. Levine entwickelter Ansatz. Der Begriff „somatisch“ leitet sich vom griechischen Wort Soma ab und bedeutet so viel wie Laib oder körperlich. Levine ging davon aus, dass sich Traumata nicht nur psychisch, sondern auch physisch, also im Körper festsetzen. Die „somatischen Übungen“ sollen die Heilung und die Wiederherstellung der körpereigenen Fähigkeit zur Selbstregulierung fördern.

Obwohl der Trend im deutschsprachigen Raum relativ neu ist, gibt es auch hier bereits Möglichkeiten, die Technik auszuprobieren. Wir haben mit Julia Hartig, Expertin für Integrative Körperarbeit, über Möglichkeiten und Grenzen der Technik gesprochen.

Was genau ist Somatic Workout?

%CONTENT-AD%

Hartig: Der Begriff „Workout“ ist in diesem Zusammenhang irreführend, auch wenn er sehr oft gebraucht wird. Besser passt Somatic Movement, denn es handelt sich um kein Workout, es geht nicht ums Abnehmen, um Leistung oder darum die Muskeln zu kräftigen. Vielmehr ist Somatic Movement Körperarbeit. Ziel ist es, sich wieder zu spüren und den Körper auf gesunde, intuitive Art und Weise zu bewegen. Dadurch werden Spannungen gelöst und das parasympathische Nervensystem aktiviert. Wenn sich das Nervensystem beruhigt, kann Gewichtsverlust ein Nebeneffekt sein. Aber das ist im Somatic Movement nie das vorrangige Ziel. Auch wenn diverse Apps einen anderen Eindruck vermitteln.

Welche Wirkung hat Somatic Movement?

%MEDIUM-RECTANGLES%

Hartig: Wenn sich der Körper im Stresszustand befindet – in herausfordernden Lebenssituationen, wie etwa auch im Wechsel –, ist das sympathische Nervensystem sehr aktiv. Es ist für den Fight or Flight-Modus zuständig. Also Kämpfen oder Fliehen – das treibt den Cortisolspiegel hoch, blockiert nicht lebenswichtige Körperfunktionen und den Stoffwechsel. Sein Gegenspieler, das parasympathische Nervensystem ist für Beruhigung und Entspannung zuständig. Hier setzt Somatic Movement an

Wie läuft Somatic Movement ab?

%EVENT%

Hartig: Es gibt keine „Übungen“, vielmehr geht es um das Hineinspüren in den eigenen Körper. Ich stelle meinen Kundinnen etwa die Frage: Auf einer Skala von 0-10, wie fühlt sich dein Körper heute an? Welche Stelle fühlt sich am besten an? Wenn sich keine wirklich gut anfühlt, dann sucht man die Stelle, die am wenigsten verspannt ist und spürt hin. Dann kommt man in die Bewegung, manchmal im Stand, manchmal im Sitzen. In einer Einheit wird man also angeleitet, in den Körper hinein zu spüren.

Bei welchen Beschwerden ist Somatic Movement sinnvoll?

%QUESTION%

Hartig: Sehr oft kommen Kundinnen mit Kopfschmerzen, Verspannungen oder Schmerzen im Körper, deren Ursache unklar ist. Viele wollen lernen, sich zu entspannen und Stress abzubauen und wünschen sich einen besseren Zugang zum eigenen Körper. Generelle Indikationen und Wirkungen sind

Stressreduktion, Schlafstörungen und Erschöpfungszustände
Entspannung und Erleichterung im Kopf-, Schulter- und Nackenbereich
Gleichgewicht des Nervensystems
Stärkung des Immunsystems
Regeneration nach Unfällen, Operationen und Verletzungen
Erleichterung im Umgang mit Gefühlen wie Wut, Angst, Trauer und Selbstzweifel
Erkennen von körperlichen und emotionalen Zusammenhängen

Wie kann Somatic Movement Frauen im Wechsel helfen?

Hartig: Die Wechseljahre können psychisch und physisch sehr herausfordernd sein. Viele Frauen leiden unter Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen oder anderen Beschwerden, die die Lebensqualität einschränken. Somatic Movement kann da helfen und ausgleichen. Gerade wenn man große Veränderungen im Leben durchmacht, kann das Hineinspüren in den eigenen Körper erden, die gewünschte Balance zurückbringen und auch bei der Regulierung des Hormonhaushalts helfen.

Weiterlesen: Mentale Gesundheit: Deshalb ist Sport wichtig für Kopf und Körper

Weiterlesen: Wechselbeschwerden: Eisbaden gegen die Angst

Weiterlesen: 5 Gründe warum du in den Wechseljahren mit Pilates beginnen solltest