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Psyche/Seele

Hör auf dein Herz: So findest du deinen inneren Kompass

Ein Neurologe erklärt, warum dein Herz in den Wechseljahren dein stärkster Verbündeter sein kann und wie wir die Veränderungen positiv nutzen können.

Brainfog, Gefühlschaos, Hitzewallungen – durch die vielen Anforderungen der Wechseljahre zu manövrieren, kann sich ziemlich überfordernd anfühlen. Einen geraden Weg durch die turbulente Zeit oder gar eine Abkürzung gibt es leider nicht. Aber stell dir mal vor, dein Herz wäre nicht nur ein Muskel, sondern auch dein persönlicher Lebenskompass. Wir haben mit dem Neurowissenschaftler und Bestsellerautor Raphael M. Bonelli anlässlich seines neuen Buches "Die Weisheit des Herzens" gesprochen.  

Der Experte nimmt uns mit auf eine Reise durch die Psyche, indem er komplexe wissenschaftliche Erkenntnisse für uns runterbricht. Mit seiner lockeren Art und einem Schuss Humor zeigt er auf, wie wir diese Zeit des Umbruchs nutzen können, um Zugang zu unserem Inneren zu erlangen. Also hol dir einen Kaffee, mach es dir gemütlich und lass uns gemeinsam eintauchen in ein lebhaftes Gespräch über Herz, Hormone und die Kunst, die Lebensmitte mit Leichtigkeit zu meistern!   

Was hat es mit dem Begriff „Die Weisheit des Herzens“ auf sich? 

Bonelli: Zunächst sind da unsere Emotionen – also das Bauchgefühl. Dann gibt es noch die Vernunft, die sitzt im Kopf. Die dritte Ebene ist die des Herzens, das ist die Entscheidungsmitte des Menschen, die aus 5 Dimensionen besteht:

  1. Der freie Wille 
    Das bedeutet, ich kann mich auch für etwas anderes entscheiden als das, was meine Gefühle mir suggerieren. Die Gefühle könnten sagen: „Iss den Kuchen!“ – und ich könnte erwidern: „Ich esse ihn nicht.“. Wir können eine kritische Distanz zu den eigenen Gefühlen einnehmen, und dadurch ein selbstbestimmtes Leben führen, das nicht allein auf Gefühlen aufbaut.  
     
  2. Die eigenen Werte  
    Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Was für ein Mensch möchte ich sein? Wo möchte ich mich hinbewegen? Die Werte bilden das innere Koordinatensystem. Die Basis jeder Persönlichkeitsentwicklung ist, dass man festsetzt, was für ein Mensch man werden möchte. Auf dieses Ziel kann man dann hinarbeiten.  
     
  3. Das Gewissen 
    Das Gewissen überprüft, ob meine Handlungen mit dem mit meinen Werten übereinstimmen. So kann ich zum Beispiel ein ehrlicher, aufrichtiger Mensch sein wollen, aber trotzdem ständig lügen. Dann wird sich mein Gewissen mich bemerkbar machen. Das Gewissen ist eine Funktion des Herzens – das hat nichts mit dem Bauchgefühl zu tun. Zum Bauchgefühl gehören zum Beispiel die Schuldgefühle. Ob diese berechtigt sind oder nicht, muss aber das Gewissen prüfen. 
     
  4. Tugenden 
    Die Tugenden sind in der modernen Psychologie eine Art guter Gewohnheit. Das heißt, ich entscheide mich mithilfe meines Gewissens immer wieder bewusst dafür, die Wahrheit zu sagen. Irgendwann wird es dann zu meiner zweiten Natur: Ich sage von selbst die Wahrheit, ohne viel nachdenken zu müssen. Das nennt man dann eine Tugend. 
     
  5. Das „innere Heiligtum“ 
    Das ist dort, wo wir Spiritualität erleben. Wo wir Wahres, Gutes und Schönes entdecken.  
     

Die Weisheit des Herzens ist unser Koordinatensystem, das uns aus der Enge der Emotionalität herausführen kann. Letztere hält uns oftmals gefangen – wir werden hin und hergetrieben von unseren Emotionen wie eine Nussschale im Meer und kommen am Ende doch nicht vom Fleck. Unsere Werte geben uns eine Richtung, lassen unsere Persönlichkeit erstarken und weisen uns den Weg. 

Wie können Frauen in den Wechseljahren ihre „Weisheit des Herzens“ nutzen?  

Bonelli: Die Wechseljahre sind ein körperlicher, auch oft ein biographischer Umbruch: Die Kinder ziehen von zu Hause aus oder die Partnerschaft verändert sich. In dieser Zeit kann die Frau ein inneres „Koordinatensystem“, das über das rein Körperliche/Emotionale hinausgeht, gut gebrauchen. In jüngeren Jahren kann man auf Ressourcen wie jugendliche Schönheit oder Fruchtbarkeit zurückgreifen. Der Wunsch danach, körperlich attraktiv zu sein, ist übrigens ein typisches Bauchgefühl, etwas total Natürliches.

Ich habe Patientinnen im Wechsel, die wirklich in die Krise kommen, weil ihr Körper sich verändert. Einige laufen von Schönheitschirurg zu Schönheitschirurg. Diese Krise lässt sich abmildern, indem man in die Ebene des Herzens und damit in seine Werte eintaucht: Hier finden wir unsere Potentiale und sehen, wozu wir fähig sind. Wir können nicht ewig so aussehen wie mit 25, das gilt für alle Menschen – und darauf sollte auch gar nicht der Fokus liegen. 

Spätestens aber ab den Wechseljahren ist es an der Zeit, tiefer als nur bis zu dieser emotionalen Bauchebene zu graben: Es gilt, in die Welt der Werte, der Tugenden und des Gewissens einzutauchen. Das gilt natürlich ebenso für Männer. Gerade in dem Alter widmet man sich gerne der Schlüsselfrage „Was für ein Mensch möchte ich sein?“. Sich das zu fragen, öffnet eine Chance der Weiterentwicklung. Ich nenne das auch die „Sterbebettfrage“: Rückblickend misst man ein „erfolgreiches“ Leben nicht an körperlicher Schönheit oder Attraktivität.  

Die Entdeckung von Werten hat auch viel mit Reflexion und Lebenserfahrung zu tun. Das Vertiefen der Werte gelingt den meisten Menschen erst im reiferen Alter, zwischen 40 und 50. Aber natürlich gibt es auch Blitzkneiser, die das alles schon früher kapieren.  

Wie können wir in der Lebensmitte lernen, bewusster auf unser Inneres zu hören? 

Bonelli: Ich glaube, wesentlich ist, dass man Gefühle richtig wahrzunehmen lernt. Aber Gefühle sind kein Orakel. Gefühle können Recht haben – aber sie können sich auch irren, trügerisch sein und einen manipulierbar machen.

Man kann beispielsweise Gefühle für einen Menschen haben, der einem nicht guttut. Und bei Angsterkrankungen hat der Patient vor Dingen Angst, die eigentlich nicht gefährlich sind. Deswegen sollte man Gefühlen nicht blind gehorchen. Das gilt für alle Gefühle: Sie sollten noch einmal reflektiert werden, bevor man sie als Handlungsgrundlage nutzt.  

Der erste Schritt ist Wahrnehmen: „Was spüre ich?“. Dann folgt die intellektuelle Distanzierung: „Sind diese Gefühle nützlich?“ Es geht um die Fähigkeit, Gefühle wahrzunehmen, ohne ihnen blind zu gehorchen, sie zunächst mit den eigenen Werten zu vergleichen. Die erfahrene Frau kann sich dann werteorientiert gegen die eigenen Gefühle entscheiden: Der reife, richtige Umgang mit starken Emotionen, das ist die Weisheit des Herzens. Das macht uns auch erst richtig frei.  

Selten gibt es eine absolute Harmonie zwischen Kopf, Herz und Bauch. Oft genug will das Bauchgefühl in eine andere Richtung als die Vernunft. Je mehr der Mensch lernt, aus dem Herzen heraus zu leben anstatt aus dem Bauch, umso eher wird dieser zu einem harmonischen Ganzen 

Der Umschwung kann also auch positiv genutzt werden? 

Bonelli: Die Wechseljahre können als Krisensituation wahrgenommen werden. Aber Krisen sind im Leben eines Menschen prinzipiell etwas Positives, weil man durch sie neue Möglichkeiten entdecken kann. In der Psychiatrie sehen wir die Krise immer auch als Chance. Eine Krise kann natürlich auch in einer Katastrophe oder einem Scheitern enden, aber oft ist eine Krise ein Innehalten, ein Nachdenken und eine Neuorientierung. Im Sinne von „OK, das funktioniert so nicht mehr. Jetzt muss ich mir was Neues überlegen. Jetzt halte ich erstmal inne und komme runter.“ 

Meine Beobachtung ist, dass sehr viele Menschen zwischen 20 und 40 Jahren in einem Trott gefangen sind. Sie leisten zwar viel und erbringen vielleicht sogar extrem hohe Leistungen, aber dabei reflektieren sie sich relativ wenig selbst. Ich glaube, dass diese Krise der Menopause ein Zeitpunkt ist, an dem Frauen besonders sensibel sind für Fragen wie „Was hält das Leben für mich noch bereit? Wer kann ich noch werden, was kann ich noch lernen, wo kann ich mich hin entwickeln? Was für ein Mensch möchte ich sein?“. 

Das Hormonchaos kann die Gefühle verrücktspielen lassen. Wie behält frau den Durchblick?  

Bonelli: Ich arbeite mit einer sehr lieben Kollegin zusammen, die Gynäkologin ist. Sie vergleicht die Menopause immer mit der Pubertät. Da wird einiges aufgebaut, was die Menopause später wieder abbaut. Die emotionale Instabilität, die vom Hormonchaos verursacht wird, kann die Augen für neue Dimensionen des Menschen öffnen – für einen neuen Lebensabschnitt. Mal wirklich, wie viele Frauen in der Lebensmitte werden offen für Neues? Beginnen, sich für Kunst zu interessieren, selbst zu malen, zu Töpfen oder in irgendeiner Weise kreativ und künstlerisch tätig zu sein? Die Frauen in dem Alter beginnen sich mehr für Spiritualität und für einen tieferen Sinn des Lebens zu interessieren. Weil sie ein bisschen mehr Distanz zu diesem Hamsterrad haben. 

Lassen sich medizinische Interventionen wie die Hormonersatztherapie mit ihrer ganzheitlichen Herangehensweise in Einklang bringen? 

Bonelli: Ich glaube, die Hormonersatztherapie hilft dabei, einen ruhigeren oder stabileren Übergang zu schaffen. Ich würde sagen, das widerspricht dem ganzheitlichen Blickwinkel nicht, den ich hier repräsentiere. In der Therapie unterstützt das sogar die emotionale Stabilisierung, weil die Patientin dann eher den Blick nach vorne richten kann. Das hilft auch der Persönlichkeitsentwicklung. 

Haben Sie zum Abschluss noch ein paar positive Worte für Frauen, die sich im Umbruch befinden? 

Bonelli: Das Schönste haben Sie noch vor sich! Ich arbeite mit vielen Frauen, die in die Krise geraten, weil sie sich körperlich verändern. Viele davon haben körperliche Verlusterlebnisse erlitten, weil die Brust amputiert oder die Gebärmutter herausgenommen werden musste. Aus meiner Sicht ist „Weiblichkeit“ viel mehr als nur das Äußere. Das weibliche Denken und Fühlen ist das, was wirklich zählt. Seien sie stolz darauf, eine Frau zu sein. Diese emotionale und besonders kognitive Weiblichkeit, die fasziniert mich als Psychiater wirklich schon viele Jahrzehnte. Sie sind nicht weniger Frau, wenn Sie in der Menopause sind – ganz im Gegenteil. In gewissem Sinne sind sie „mehr“ Frau, weil sie mehr Erfahrung haben, weil sie ihre Werte besser kennen und weil sie sich nun auf das besinnen können, was wirklich zählt. 


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