Hormonersatztherapie: alte Ängste und neue Studien
Im Herbst tagen die Expert:innen der 7. Deutschen Hormonwoche der Gesellschaft für Endokrinologie. Großes Thema: Die Skepsis gegenüber der Hormonersatztherapie im Wechsel
Obwohl eine Hormonersatztherapie die Symptome des Wechsels lindern kann, nehmen immer weniger Betroffene Hormone ein. Woran liegt das? Foto: istock/ nimis69
Die Wechseljahre stehen im Fokus der derzeit stattfindenden Deutschen Hormonwoche. Die häufigsten Symptome dieser wichtigen Lebensphase sind hinlänglich bekannt und werden durch eine Studie der Women's Health Across the Nation erneut bestätigt: Frauen leiden durchschnittlich 7,4 Jahre an häufigen Hitzewallungen, weitere Beschwerden sind Stimmungsschwankungen, Ängste, Schlafstörungen oder Herzklopfen. Die Scheidenhaut wird dünner, trockener und verliert ihre Elastizität, außerdem können Gelenkbeschwerden und sexuelle Unlust auftreten.
Alles in allem sind etwa 75 Prozent der Frauen von Beschwerden betroffen. Die individuelle Ausprägung der Symptome ist jedoch verschieden, etwa ein Drittel der Patientinnen ist stark beeinträchtigt, so Dr. med. Katrin Schaudig, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt gynäkologische Endokrinologie in Hamburg und Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft. Doch obwohl eine Hormonersatztherapie die Symptome lindern kann, nehmen laut dem aktuellen Gesundheitsreport 2022 der Techniker Krankenkasse in Deutschland immer weniger Betroffene Hormone gegen ihre Beschwerden ein. Entschieden sich im Jahr 2000 noch 37 Prozent der Frauen für eine Hormonersatztherapie, stagniert dieser Wert seit 2020 bei etwa sechs Prozent.
Hormonersatz: die alte Angst
Woran liegt das – und ist die Zurückhaltung berechtigt? Viele Frauen haben Angst vor den Risiken einer Hormoneinnahme – etwa an Brustkrebs zu erkranken oder einen Schlaganfall zu erleiden. Diese Sorge basiert auf der überwiegend negativen Berichterstattung in den Medien, meint Schaudig. Diese bezieht sich vor allem auf die im Jahr 2002 publizierte Women`s Health Initiative Study, die die Risiken dieser Therapie betonte. Alle errechneten Risiken waren allerdings nach Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO als seltene Nebenwirkung einzustufen, so die Gynäkologin weiter.
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Zudem wurden in der Studie Frauen untersucht, die im Durchschnitt 63 Jahre alt waren und damit die typische Wechseljahresphase bereits hinter sich hatten. Ein wichtiger Punkt sei auch, dass damals noch Präparate eingesetzt wurden, die Ärztinnen und Ärzte heute überwiegend nicht mehr verwenden. Es hat Jahre gedauert und eine Fülle von Daten gebraucht, bis man zu dem Schluss kam, dass heutzutage für die meisten Frauen die Vorteile einer Hormonersatztherapie die Risiken überwiegen.
Hormonersatztherapie: immer maßgeschneidert
Trotzdem sei ein individuelles Vorgehen bei der Therapieentscheidung maßgebend, betont die Expertin. Dieses berücksichtigt den individuellen Leidensdruck der Patientin, ihre Bedürfnisse und, sehr wichtig: ihre Risikofaktoren. Ausschlussfaktor kann etwa eine vorangegangene Brustkrebserkrankung sein, da eine Hormonersatztherapie das Risiko für ein Wiederauftreten des Mammakarzinoms erhöhen kann. Kommt diese nicht infrage, stehen auch nicht-hormonelle Therapieansätze zur Verfügung. Dazu gehören etwa
Phytoöstrogene, Johanniskraut- und Traubensilberkerze-(Cimicifuga)-Präparate
Sport
Akupunktur
kognitive Verhaltenstherapie
Hypnose aber auch
Antidepressiva.
Für diese Beratung und die Abwägung aller Vor- und Nachteile der Therapieentscheidung brauchen wir jedoch viel Zeit, sagt Schaudig. DGE-Mediensprecher Dr. med. Stephan Petersenn von der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg ergänzt: Derzeit befinden sich in Deutschland mehr Frauen in den Wechseljahren als je zuvor, der Beratungsbedarf ist riesig. Alle beteiligten Disziplinen sollten die aktuelle Datenlage überprüfen, um die Behandlungsmöglichkeiten individualisiert und ergebnisoffen mit den Patientinnen zu besprechen.
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