Wenn Gleichbehandlung der Gesundheit schadet: Insbesondere bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen plädieren Expert:innen für geschlechtsspezifische Versorgung.
Bis heute sind Frauen in klinischen Zulassungsstudien unterrepräsentiert. Das führt dazu, dass Medikamente und deren Dosierungsempfehlung eher am männlichen Körper ausgerichtet sind. Foto: istock/ wundervisuals
Gendermedizin wie wir sie brauchen: Die jüngste Ausgabe der Fachzeitschrift Aktuelle Kardiologie widmet sich geschlechtersensiblen Aspekten in der Risikobewertung, Diagnose und Therapie verschiedener Krankheitsbilder rund ums Herz. Immerhin: Weltweit gelten Herz-Kreislauf-Erkrankungen (KHK) als häufigste Erkrankung bei Männern und Frauen.
Zahlreiche Studien belegen inzwischen, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt, was die Entwicklung einer KHK anbelangt: So sind (weibliche) Patientinnen etwa bei der Erstdiagnose im Mittel zehn Jahre älter als (männliche) Patienten. Daraus ergeben sich mehr Begleiterkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus. Die Stoffwechselerkrankung korreliert bei Frauen deshalb weitaus stärker mit einem Herzinfarkt als bei Männern.
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Auch psychosoziale Faktoren, wie Stress oder Depressionen, gehen dem weiblichen Geschlecht mehr zu Herzen als dem männlichen – die zugrunde liegenden Mechanismen dieser Zusammenhänge sind allerdings noch unklar.
Auch die Symptome weichen bei Frauen und Männern unter Umständen voneinander ab: Insbesondere beim akuten Koronarsyndrom klagen Frauen deutlich seltener über typische Brustschmerzen als Männer. Mit zunehmendem Alter der Patientinnen nimmt diese ohnehin wenig ausgeprägte Symptomatik weiter ab. Zu den atypischen Beschwerden von Frauen zählen dafür Luftnot, Schwäche, Übelkeit sowie Kiefer-, Schulter- und Armschmerzen. Das kann dazu führen, dass Patientinnen eine weniger zielführende Diagnostik und adäquate Behandlung erhalten als männliche Betroffene.
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Bei der Diagnose von Herzrhythmusstörungen müssen die Behandler:innen ebenfalls geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Blick haben. Das beginnt bereits beim Lesen des EKGs: Bestimmte Ausschläge der Messkurven sind bei Frauen aufgrund der kleineren Organgröße und des größeren Brustgewebes nicht so ausgeprägt wie bei Männern. Auch haben Frauen grundsätzlich eine höhere Ruheherzfrequenz. Da sich dieser Unterschied erst mit der Pubertät zeigt, lässt er auf einen Zusammenhang mit Sexualhormonen schließen.
Frauen sind keine kleinen Männer
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Das Problem: Bis heute sind Frauen in klinischen Zulassungsstudien unterrepräsentiert. Das führt dazu, dass Medikamente und deren Dosierungsempfehlung eher am männlichen Körper ausgerichtet sind. Es gibt jedoch eine Reihe geschlechtsspezifischer Unterschiede, die Wirkdauer, Wirkstärke und Wirkqualität eines Arzneimittels beeinflussen.
So haben Frauenmeist nicht nur ein geringeres Körpergewicht und eine geringere Körpergröße, auch das Verhältnis von Muskelmasse und Fettanteil unterscheidet sich.
Zudem ist der Wassergehalt im weiblichen Körper hormonellen Prozessen und damit Schwankungen unterworfen.
Die gleichen Wirkstoffe verteilen sich deshalb bei Männern und Frauen unterschiedlich. Fettlösliche Medikamente werden beispielsweise im Fettgewebe gespeichert und verbleiben daher bei Frauen länger im Körper als bei Männern. Dadurch kann es zu stärkeren und/oder länger anhaltenden erwünschten und unerwünschten Wirkungen kommen.
Das Herz kommt in den Wechsel
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Eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung ist bei der Verordnung von Medikamenten bei Frauen deshalb besonders wichtig. Immerhin leiden in den Wechseljahren manche an Herzstolpern bzw. Herzrasen. Auch die typischen Hitzewallungen sind oftmals von starkem Herzklopfen begleitet, ein erhöhter Blutdruck oder Schwindelgefühle können ebenfalls auftreten. So leiden beispielsweise 40 Prozent der Frauen im Alter zwischen 45 und 54 Jahren unter Herzbeschwerden und 20 Prozent unter Schwindel. Wer so etwas schon erlebt hat, weiß, wie unangenehm es sein kann - um so wichtiger ist die richtige, frauenspezifische Behandlung und Medikation.
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