Viele Frauen, die sich in der der Frühphase der Wechseljahre befinden, gehen davon aus, dass sie noch viel zu jung sind, um unter Symptomen zu leiden. Wer denkt schon im Alter von 30 oder 35 an diese Möglichkeit? Dieser Irrglaube führt dazu, dass wir still vor uns hinleiden und mitunter Jahrzehnte lang warten, bevor wir uns in Behandlung begeben.
Noch zu jung für Wechseljahressymptome?
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Symptome wie Depressionen, Reizbarkeit, sexuelle Probleme, Blasenprobleme oder Scheidentrockenheit richtig den Wechseljahren zuzuordnen, fällt sogar Ärzt:innen schwer. Auch wir selbst befinden uns dabei häufig auf einem Irrweg. Laut einer Studie der University of Virginia School of Medicine leiden immerhin bereits mehr als die Hälfte der Frauen im Alter von 30 bis 35 Jahren unter mittelschweren bis schweren Symptomen. Eine alarmierende Zahl.
In der Studie analysierten Forscher:innen Beschwerden, die von mehr als 4.400 amerikanischen Frauen ab 30 Jahren in einer Online-Umfrage und einer Umfrage in der Flo-App (eine Gesundheitsapp zur Zykluskontrolle) selbst angegeben wurden. 55,4 Prozent dieser Frauen berichteten über Symptome, die auf der weit verbreiteten Menopause-Bewertungsskala (MRS) die Kriterien für mittelschwer oder schwer erfüllten. Diese Zahl stieg bei Frauen zwischen 36 und 40 Jahren auf 64,3 Prozent. Die meisten von ihnen begeben sich allerdings erst mit 56 oder mehr Jahren in die Hände eines Facharztes – wie etwa Endokrinolog:innen –, um eine Behandlung zu starten.
Der Meno-Check – die Menopause-Rating-Skala
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Die sogenannte Menopause-Rating-Skala wurde in den 1990er Jahren entwickelt. Damals gab es noch keine Skalen, die den Schweregrad von Symptomen, die mit fortschreitendem Alter auftreten, und ihre Auswirkungen auf die Lebensqualität bewerten können. Die aktuelle Version der Skala kann leicht von Frauen selbst ausgefüllt werden. Sie listet insgesamt elf Beschwerden:
- Wallungen, Schwitzen (aufsteigende Hitze, Schweißausbrüche)
- Herzbeschwerden (Herzklopfen, Herzrasen, Herzstolpern, Herzbeklemmungen)
- Schlafstörungen (Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen, zu frühes Aufwachen)
- Depressive Verstimmung (Mutlosigkeit, Traurigkeit, Weinerlichkeit, Antriebslosigkeit, Stimmungsschwankungen)
- Reizbarkeit (Nervosität, innere Anspannung, Aggressivität)
- Ängstlichkeit (innere Unruhe, Panik)
- Körperliche und geistige Erschöpfung (allgemeine Leistungsminderung, Gedächtnisminderung, Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit)
- Sexualprobleme (Veränderung des sexuellen Verlangens, der sexuellen Betätigung und Befriedigung)
- Harnwegsbeschwerden (Beschwerden beim Wasserlassen, häufiger Harndrang, unwillkürlicher Harnabgang)
- Scheidentrockenheit (Trockenheitsgefühl oder Brennen der Scheide, Beschwerden beim Geschlechtsverkehr)
- Gelenk- und Muskelbeschwerden (Schmerzen im Bereich der Gelenke, rheuma-ähnliche Beschwerden)
Jede dieser Beschwerden wird in einer Skala mit 0 (keine Beschwerden), 1 (leichte), 2 (mittlere), 3 (starke) bis 4 (sehr starke Beschwerden) bewertet. Die Gesamtpunktezahl ergibt die Gesamtbewertung. Die Beantwortung der Fragen soll dabei helfen, die aktuellen akuten Beschwerden selbst einzuschätzen.
Psychische Symptome kommen vor den körperlichen
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Eine beträchtliche Anzahl an Frauen, von denen man normalerweise annimmt, dass sie noch zu jung für die Perimenopause sind, teilte uns mit, dass sie ein hohes Maß an Symptomen haben, die mit dieser Phase zusammenhängen, erklärt Liudmilla Zhaunova, wissenschaftliche Leiterin bei Flo. Körperliche und emotionale Symptome, die mit der Perimenopause einhergehen, sind zu wenig erforscht und werden von Ärzt:innen oft abgetan, betont Studienmitautorin Jennifer Payne von der University of Virginia School of Medicine.
In ihren Auswertungen fanden die Forschenden auch heraus, dass psychologische Symptome wie Angst, Depression und Reizbarkeit lange vor den körperlichen Symptomen auftraten. Diese Beschwerden erreichten ihren Höhepunkt bei Frauen im Alter von 41 bis 45, um dann bei Frauen ab 56 Jahren auf den niedrigsten Stand zu sinken.
Forschende wollen alarmierende Lücke schließen
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Körperliche Probleme wie sexuelle Störungen, Blasenprobleme und Scheidentrockenheit sind vor allem im Alter ab 51 präsent. Bei Frauen zwischen 30 und 35 Jahren waren diese Probleme am geringsten. Einige Symptome wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche, die klassischerweise mit den Wechseljahren in Verbindung gebracht werden, erreichten ihren Höhepunkt im Alter von 51 bis 55 Jahren. Die Forschenden hoffen, dass ihre Studienergebnisse dazu beitragen werden, eine, wie sie es nennen alarmierende Lücke in unserem Verständnis der Perimenopause zu schließen und so die Betreuung und Unterstützung von Frauen, die sich der Menopause nähern, zu verbessern.
Die Studie sei wichtig, weil sie den Verlauf der perimenopausalen Symptome aufzeigt, der uns sagt, welche Symptome wir wann erwarten können, und uns darauf aufmerksam macht, dass Frauen früher als erwartet von solchen Beschwerden betroffen sind, betont Payne.
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