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Psyche/Seele

Trauma, Trigger, Toxizität: Wie gefährlich sind digitale Diagnosen?

Per Klick zum Krankheitsbild: "Digitale Diagnosen" hinterfragt Mental Health und Heilsversprechen als Social Media Trend. Trigger-Warnung: Dieses Buch könnte aufrütteln.

Ist es ADHS oder bloß eine gewisse Schrulligkeit? Ist ein Mann tatsächlich „toxisch“ oder einfach ein Idiot? Wird man persönlich „getriggert“ oder sind manche Verhaltensmuster gesamtgesellschaftlich nicht gerade das Gelbe vom Ei? Und vor allem: Ist es ein Trend oder ein Befreiungsschlag, wenn wir jede Befindlichkeit, jedes Gefühl des Unwohlseins in starre, teils pseudomedizinische Strukturen packen? 

Lebenskrisen, emotionale Verletzungen und Phasen der Ineffizienz sind Teile des Menschseins, die im alltäglichen Diskurs nicht ausgespart werden dürfen. Doch im digitalen Zeitalter zeigt sich eine immer größere Entschlossenheit, diese Zustände krankhaft zu deuten, meint die Soziologin Laura Wiesböck, Leiterin Gruppe Digitalisierung und soziale Transformation am Institut für Höhere Studien Wien. Immerhin: Social-Media-Plattformen sind voll mit psychiatrischen Eigen- und Fremddiagnosen, auch im privaten Umfeld gehen sie uns mittlerweile leicht von den Lippen. Wo aber liegt die Grenze zwischen Enttabuisierung und Modediagnose? 

Schüchternheit oder Sozialphobie: Narrative bewusst hinterfragen

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Dieser Frage spürt die Autorin in ihrem aktuellen Buch Digitale Diagnosen (Zsolnay Verlag) nach. „Begriffe wie `Trauma`, `triggern` und `toxisch` werden inflationär verwendet, Beispiele für die umfassende Verbreitung einer `psychotherapeutischen Kultur`. Die Begriffe sind stark vom US-amerikanischen Kontext geprägt, der auf radikaler Individualisierung, Wettbewerbsorientierung und Konsumzentrierung basiert. Durch die Digitalisierung breiten sich solche Gesundheitsdiskurse verstärkt auch hierzulande aus. Deshalb ist es wichtig, die gängigen Narrative bewusst zu hinterfragen – worum es im Buch im Wesentlichen geht,“ so Wiesböck über ihr Werk.  

„Was, wenn sich die eigene Depression nicht wie das bildschirmtaugliche Leiden von attraktiven Influencerinnen zeigt, sondern dadurch, dass man nicht einmal Kraft für grundlegende Körperhygiene hat, was Schamgefühle verstärkt. Oder wenn Diagnosen leichtfertig auf gewisse Persönlichkeitsunterschiede angewendet werden, Schüchternheit plötzlich als krankhafte Sozialphobie gilt und dadurch das existenzielle Leiden tatsächlich Betroffener verharmlost wird? Die Liste ist sehr lang.“ 

Social-Media lösen in uns soziale Vergleichsprozesse aus 

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Wiesböck greift in ihrem Buch ein heißes Eisen an und hinterfragt, ob und warum ein gewisses Grundgefühl von Melancholie bereits als Depression wahrgenommen, Trauma als Synonym für unangenehme Erfahrungen verwendet wird oder man gleich als hypersensibel gilt, wenn man vom Leid anderer berührt ist. „Die verstärkte Sichtbarkeit von psychischen Erkrankungen wirft die Frage auf, inwieweit es nicht nur zu einer Bewusstmachung, sondern auch zu einer Popularisierung von psychiatrischen Diagnosen kommt“, so die Autorin im Vorwort.  

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„Unzureichend Beachtung finden in diesem Zusammenhang auch neue Akteur:innen, dazu zählen Mental-Health-Influencer:innen auf Social-Media- Plattformen. Diese kommerziell ausgerichteten Vermarkter:innen befördern ein Verständnis von psychischer Gesundheit als Ausgeglichenheit und bewegen sich zwischen der Enttabuisierung, Glamourisierung, Kommerzialisierung und Aneignung von psychischen Erkrankungen.“ Denn ob man will oder nicht: Der Konsum von Social-Media-Inhalten löst bei den meisten Menschen soziale Vergleichsprozesse aus. Ein Beispiel: „Das eigene Bedürfnis nach Rückzug, die Angst vor Bewertung, der Mangel an Kraft, sich um die eigenen Grundbedürfnisse zu kümmern, oder auch das vorherrschende Gefühl von emotionaler Taubheit stehen den ästhetischen Aneignungen von Depression auf Social Media gegenüber, die auf Bestätigung und Reichweite abzielen.“ 

Mental Health bedeutet nicht, ständig ausgeglichen zu sein  

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Unser Fazit? „Digitale Diagnosen“ ist für Menschen geschrieben, die eine abwägende Perspektive einnehmen wollen und kein Problem haben, auch einmal kritisch vor der eigenen Türe zu kehren. Wechselweise-Leserinnen seien auch die Kapitel „Mental Health und Selfcare als Wohlstandphänomen“ und „Healing als fortlaufendes Wachstumsversprechen“ ans Herz gelegt. Die zeigen (wie das übrige Buch) auf, dass der öffentliche Diskus um psychische Gesundheit zwar durchaus positiv ist, aber dass im Namen der Enttabuisierung auch Schindluder getrieben wird. 

Wiesböck dazu: „Psychische Erkrankungen – oder das, was als solche etikettiert wird – können nicht als ?objektive? medizinische Probleme wie Schnupfen oder ein Beinbruch gesehen werden.“ Ihr Fazit? „Wünschenswert wäre es, wenn unangenehme Gefühle, Handlungsweisen, Erfahrungen oder auch Personen weniger pathologisiert und `wegoptimiert` würden, sondern wir uns für Rahmenbedingungen einsetzen, in denen diese als gesunder Teil des menschlichen Lebens akzeptiert werden. Denn psychische Gesundheit bedeutet nicht, ständig leistungsfähig und ausgeglichen zu sein, sondern die gesamte Bandbreite menschlicher Emotionen und Konflikte wahrnehmen und aushalten zu können.“ 


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