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Altern: ein Makel in einer jugend­versessenen Gesellschaft

Während Männer Mitte fünfzig den finanziell erfreulichen Karrierehöhepunkt erklimmen, landen gleichaltrige Frauen als betriebliches Einsparungspotenzial am Abstellgleis.

Sporteln, gesund essen, nix trinken, weniger netflixen, keine blöden Witze machen, nicht frustshoppen, stets nächstenlieb sein, nie mehr tschicken: An jährlich recycelten Vorsätzen herrscht in dieser Zeit kein Mangel. Wenn wir Glück haben, werden wir 2023 hoffentlich wieder um ein Jahr, äh, ja, weiser.

Altern als peinlicher Makel

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Zwar hat kaum jemand das Bedürfnis, jung zu sterben. Alt sein will allerdings auch niemand. Denn in einer Gesellschaft, die Jugendlichkeit zum Maß zwar nicht aller, aber doch vieler Dinge erklärt, ist Altern ein peinlicher Makel. „Übers Altsein spricht man nicht“, klagte Simone de Beauvoir bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert in ihrem Standardwerk „Das Alter“. In Konsumgesellschaften wisse man mit Alterserfahrenheit wenig anzufangen und behandle alte Menschen wie Parias: „Die Situation der alten Menschen zeigt deutlich das Scheitern unserer Zivilisation auf.“

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Altersdiskriminierung trifft Frauen früher

Ageismus nennt man die soziale, politische und wirtschaftliche Ausgrenzung älterer Menschen, wobei Altersdiskriminierung Frauen früher und deutlich härter trifft. Das derzeit so hochgepriesene Pensionssplitting als Heilmittel gegen weibliche Altersarmut verteilt übrigens nicht den Wohlstand, sondern höchstens den Notstand gerechter auf. Tatsache ist: Während Männer Mitte fünfzig den auch finanziell erfreulichen Höhepunkt ihrer Karriere erklimmen, landen gleichaltrige Frauen - vor allem solche in gutbezahlten Jobs - als betriebliches Einsparungspotenzial auf dem Abstellgleis: Selbst in blassroten Unternehmen werden mitfünfzigjährige Frauen in (schlechter bezahlte) Altersteilzeit gezwungen.

Seit Susan Sontags 1972 erschienenem Essay „The Double Standard of Aging“ („Die Doppelmoral des Alterns“) hat sich offenbar nicht allzu viel verändert. Immer noch gilt als Hauptkapital der Frau nicht etwa der Intellekt, sondern ein jugendlicher, wohlgeformter Körper. Weshalb Frauen bei Fragen nach dem Alter aus Scham lieber schwindeln. Oder schweigen.

60 wird zum neuen 40 gemogelt

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Weil das alte Sechzig zum neuen Vierzig gemogelt werden muss, fluten Antiaging Produkte den Markt, werden Gesichter bis zur Unkenntlichkeit faltenfrei gebügelt, Fett abgesaugt und diverse Dellen aufgepolstert, in der fälschlichen Annahme, dass der aufgefrischte Schein das menschliche Sein bestimmt.

Auch der Film- und Fernsehwelt ist zwar bei Hautfarbe, Ethnie, Geschlechts- und Glaubensbekenntnis an Diversität gelegen, nicht aber beim (unrealistischen) Rollenbild der Frau. Freilich gibt es wunderbare, prominente Ausnahmeerscheinungen, aber für das Gros der Filmrollen gilt: Wer weiblich, aber nicht mehr jung und klapperdünn ist, wird bevorzugt als komische Alte oder liebe Familienomi besetzt. Reife Alphamänner hingegen sind berufstätig und erfolgreich, dürfen vielschichtigere Charaktere spielen, Bauch und Glatze tragen und spannendere Dialoge sagen.

Kritik aus Hollywood

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Laut einer Studie des Instituts für Medienforschung der Universität Rostock nimmt der Anteil von Frauen jenseits der dreißig rasant ab, siebzig Prozent der zentralen Filmrollen in der Altersgruppe fünfzig plus werden von Männern verkörpert. „Männer bleiben auch im Alter faszinierend und attraktiv. Frauen hingegen gelten im Alter nicht mehr als sexy oder schön – es ist eine reine Fantasie und hat mit der Realität des Lebens nichts zu tun“, kritisiert auch Hollywood-Star Jessica Lange eine Industrie, die selbst der schönen Maggie Gylllenhaal vor ein paar Jahren eine Rolle vorenthielt, weil der Regisseur die damals 37-Jährige als zu alt für einen 55-jährigen Spielpartner fand.

„F*ing hot“ nennt die stets zu genüsslichen Tabubrüchen aufgelegte Autorin und Schauspielerin Grischka Voss ihre One-Woman-Show über menopausale Hitzewallungen und klimakterische Gemütschwankungen. Premiere ist am 16. Jänner im Wiener Theater Drachengasse. Wer Voss kennt, ahnt: Älterwerden kann tatsächlich verdammt witzig, ja, ein regelrechtes Vergnügen, sein.

Diese Kolumne erschien erstmals am 02.01.2023 in Die Presse.

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