Sex als Arbeit: Kann ein Callboy Sünde sein?

Du willst es? Du kriegst es! Frauen können immer Sex haben, egal in welchem Alter – da findet sich schon jemand. Diese Mär, der Mythos vom allseits bereiten Mann, der nur auf ein Signal (s)einer Paarungswilligen wartet, hält sich hartnäckig. Frauen können immer Sex haben, egal in welchem Alter, sie müssen nur in eine Bar gehen oder online nach einem Abenteuer suchen. Aufgerissen, ausgezogen, Akt vollzogen. Klingt wunderbar, jedenfalls am Papier. Dazu folgendes: Bedauerlicherweise fürchten Frauen – auch hier gilt: egal in welchem Alter – a priori nicht, dass ihr potenzieller Gespiele nackt vielleicht nicht so lecker aussieht wie erwartet. Oder ein schlechter Küsser ist. Die ersten Gedanken beim Casual Dating kreisen immer um die eigene Sicherheit. Die Frage ist nicht: Wie wird er es mir besorgen? Die Frage lautet: Werde ich überleben? 

Glücklich vergeben? Mit dem Alter sinkt auch sein Interesse

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Nun ja. Gehen wir jetzt einfach mal davon aus, dass unsere Welt eine Gute ist und niemand uns ein Haar krümmen will. Trotzdem erscheint sie chronisch untervögelt. Das Pool an begehrenswerten Junggesellen ist zwar nur knöcheltief, aber in meinem Freundinnenkreis jedenfalls wird auch Ü45 auf Teufel heraus gedated.  Oder im Stillen gelitten. Das allerdings betrifft nicht die Singlefrauen auf der Suche nach Liebe, Sex und Zärtlichkeit. Sondern eher die eigentlich glücklich Vergebenen, die vergebens darauf hoffen, dass ihr Partner endlich mal wieder Lust auf die Lust bekommt. Ja, auch Männer kommen in die Wechseljahre – und obwohl sie bis ins hohe Alter fruchtbar bleiben, nagt das sinkende Testosteron an der Libido. Und außerdem könnte man stattdessen ja einfach etwas essen gehen. 

Zu müde für die Bar, zu clever für Tinder: Ab zum Callboy

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Die einfachste Antwort, quasi Angebot und Nachfrage, wäre ein intimes Treffen mit einem professionellen Sexworker. Mir ist bewusst, dass die Diskussion, ob Callboys für Frauen „geeignet“ sind, einen Bart hat, der seit den 1990-ern wächst – aber doch hat sie nun an gewisser Aktualität gewonnen. Im Kino zumindest: Nach „Meine Stunden mit Leo“ in dem sich die große Emma Thompson zuerst mal mit ihrem jungen Gespielen zusammenraufen muss, gerade erst auch in „Das reinste Vergnügen“. Da wird gleich ein ganzer Trupp an kernigen Umzugsarbeitern in Stripper und Sexworker verwandelt – von einer Frau, für Frauen. Und zwar vor allem für ältere Frauen.   

Ja, es ist ein Fakt, dass man ab einem gewissen Alter wenig Lust hat sich jede Nacht aufzubrezeln und von Bar zu Bar zu ziehen. Ab einem gewissen Alter braucht nach so einer Aktion tagelang strikte Schonung bis Satan aus Kopf, Mund, Magen und Gemüt wieder verschwunden ist. Tinder? Ja eh. Ich find?s fad und oberflächlich und ich habe auch keine Ahnung, warum ich mit wildfremden Menschen verbalerotisieren sollte. Oder mit wildfremden Fake Accounts. 

Will ich jemanden zahlen, der mich vielleicht grauslich findet? 

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Was also tun, wenn es drängt? Was, wenn eine ganze Schublade an Solo-Toys nimmer ausreicht? Man Haut an Haut spüren möchte? Küssen will, Oxytocin ausschütten möchte als gäbe es kein Morgen? Würde ich Enrico, das fesche Fitnessmodel wählen? Er ist gerade nur einen Tab, einen Klick entfernt, während ich diese Zeilen schreibe. Oder den eloquenten Conor mit der garantierten Mindestgröße von 1,80 Meter? Oder doch den tätowierten Max, der gerne Mojitos trinkt und nach „Dior Homme“ duftet? Zwei Stunden mit ihm kosten 500 Euro, 24 Stunden über 2000. Hmm. Was mache ich überhaupt so lange mit ihm? Wären kleine Reparaturen an Auto und Garten drinnen? Hilft er mir bei der Buchhaltung? Cringe. Fremdscham. Scham. Ich kann nicht mal in der Wohnung bleiben, wenn meine Haushaltshilfe einmal im Monat zum Putzen kommt - das Phänomen „Erste-Welt-Schlechtes-Gewissen“. Und dann soll ich jemand dafür zahlen mir Orgasmen zu verschaffen, also jemanden, der mich vielleicht nicht mal attraktiv findet? Der sich denkt „Augen zu und durch“? Jemand, der das Geld braucht, das ich offenbar zu viel hab?  

Bezahlter Sex: Fantasie oder Kontrolle? 

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Ich verstehe jede Frau, die ihre Bedürfnisse stillen möchte, ohne sich zum Affen zu machen. Die genug hat davon, ihren Gatten stets zum GV überreden zu müssen wie ein Motivationscoach aus dem Internet. Die sich bei einem Sex-Date in Sicherheit wiegen und nicht als Hotelzimmer-Leiche enden möchte. Die genug hat von ungepflegten Machos, von ungeschickten Fummlern, die selbst in der Mitte ihres Lebens immer noch Harnröhre und Klitoris miteinander verwechseln. Die wissen möchte, wie sich so ein Fitnessmodel eigentlich anfühlt. Die der Routine ihres Lebens für einen geborgten Abend entkommen möchte.  

Du zahlst für eine Fantasie, heißt es. Ich aber denke, es geht um Kontrolle und Das Recht auf Selbstbestimmung. Und was denkt ihr? Ich würde gerne eure Meinung zu diesem Thema hören! Könnt ihr euch Sex mit einem Callboy vorstellen oder rollt es euch allein bei der Vorstellung sie Zehennägel auf? Schreibt es mir unter redaktion@wechselweise.net!